Was lässt uns beim Gruseln lachen und gleichzeitig zittern? Wenn wir uns freiwillig erschrecken, wie bei einem Horrorfilm oder an Halloween, spielt unser Gehirn ein faszinierendes Spiel: Es schaltet auf „Alarm“, aber hält die Gefahr unter Kontrolle. Doch warum verspüren wir trotz Adrenalinkick Freude statt Panik? Wir lüften das Geheimnis, warum Gruseln so viel Spass macht – und wie unser Gehirn den Unterschied zwischen echter Angst und sicherem Nervenkitzel erkennt.
Mit vom Druck bereits weiss gefärbten Fingerspitzen krallen wir uns an den Lehnen des rotsamtenen Kinositzes fest. Das Herz schlägt uns bis zum Hals, die Augen sind weit aufgerissen. Vor lauter Spannung fristen die Popcorn-Tüte und die Cola im Pappbecher ein vernachlässigtes Dasein in ihrer Halterung im Kinositz. Klarer Fall: beim Anschauen eines spannenden Films sind unser Geist und Herz hochaktiv. Doch anders als im realen Leben kehren wir nach der Leinwandvorstellung hellwach, beschwingt und teilweise euphorisch dem Lichtspielhaus den Rücken. Beschwingt und euphorisch sind keine Adjektive, die wir nach einer realen Gefahrensituation assoziieren würden. Gibt es – neurowissenschaftlich betrachtet - einen Unterschied zwischen Fiktion und Wirklichkeit im Genre Gruseln?
Grusel und Angst sind eng miteinander verwandt, doch sie werden im Gehirn unterschiedlich verarbeitet. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass bei beiden Gefühlen ähnliche Gehirnareale aktiviert werden, vor allem die Amygdala. Diese tief im limbischen System liegende Struktur hat die Aufgabe, potenzielle Gefahren zu erkennen und den Körper auf eine schnelle Reaktion vorzubereiten – sei es durch Flucht oder Verteidigung. Sie aktiviert dabei die Stressachse, die schliesslich die Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Kortisol auslöst.
Was
unterscheidet also das angenehme Gruseln von echter Angst? Der entscheidende
Punkt liegt in der Einschätzung der Situation. Während bei realer Angst der
präfrontale Kortex – der für die Bewertung von Gefahren zuständig ist – die
Bedrohung als real einstuft, weiss unser Gehirn bei einer Gruselsituation, dass
wir uns in Sicherheit befinden. Das bedeutet, obwohl die Amygdala aktiviert
ist, wird die Gefahr als kontrolliert und harmlos bewertet. Der präfrontale
Kortex signalisiert also, dass wir die Situation nicht als Bedrohung sehen
müssen, und so bleibt das Gefühl des Nervenkitzels ohne die negativen
Begleiterscheinungen echter Angst.
Auf
neurochemischer Ebene wird beim Gruseln ein verrückter Cocktail gemixt, der den
Unterschied zur realen Gefahrensituation ausmacht: Adrenalin und Dopamin werden
zusammen gemixt. Adrenalin sorgt dafür, dass wir ein bisschen auf Spannung
bleiben, der Puls hochgeht und wir kurz über Flucht nachdenken. Anstatt
Kortisol, das Stresshormon, das bei realen Gefahrensituationen ausgeschüttet
wird, wird beim Gruseln die besondere Ingredienz Dopamin ausgeschüttet. Dadurch
erleben wir das Gruseln mit Spass anstatt Stress. Dadurch, dass wir wissen,
dass die Gefahr nicht echt ist, fühlen wir uns wie Superhelden, die mit jeder
Schrecksekunde mehr Lust auf den nächsten Kick bekommen.
Zusammengefasst zeigt uns die Neurowissenschaft, dass das Gruseln genau deshalb so genial ist, weil unser Gehirn ein Spiel spielt: Es drückt den Angst-Alarmknopf, aber lässt uns wissen, dass alles sicher ist. Der verrückte Adrenalin-Dopamin-Cocktail bringt uns zum Lachen und Zittern gleichzeitig, was einfach nur den ultimativen Halloween-Kick gibt – im Gegensatz zur echten Angst, die unser Nervensystem mit einem Zombie-Angriff auf Alarmstufe Rot bringt und uns ganz ohne Spass zum Schlottern bringt!